Sonntag, 2. August 2009

Fehleinschätzungen

Da der Ebernhahner Kannenbäckerlandlauf als letzter Vorbereitungslauf für Belgien geplant war, durfte der Border gleich zu Hause, bzw. in seiner Badischen Wahlheimat verweilen. Über sein Benehmen hüllen wir mal gleich den Mantel des höflichen Schweigens…

Angefangen hat es für Torsten und mich hingegen richtig vielversprechend. Mit einem rustikalen Campingplatz, einem original Westerwälder Tankstellenabendessen und einer harten Nacht auf einer nicht besonders komfortablen Isomatte.

Auch bis zum Startpunkt war unsere kleine Wanderwelt noch schwer in Ordnung. Vor der örtlichen Gemeindehalle standen ein paar Verkaufswagen, eine Pommesbude und allerlei Kruschthändler. Dazwischen bewegten sich Unmengen an älteren Leuten (also jetzt nicht so um die 40, sondern eher im besten Rentenalter und jenseits davon).
Milde lächelnd haben wir uns darauf gefasst gemacht ganz oft erste Hilfe leisten zu müssen oder betreuend tätig zu werden. Wir haben unsere (leicht überdimensionierten) Wanderrucksäcke aufgezogen und sind losmarschiert. Die armen älteren Mitbürger sind völlig gepäcklos losgezogen.
Auf den ersten Kilometern waren noch alle Streckendistanzen zusammen. Da rechnet man mit ungewöhnlichen Läufertypen. Aber nachdem weit hinter der ersten Teilung plötzlich zwei Wanderer mit Krücken (und einem recht hohen Tempo) auftauchten, kamen wir kurz ins Stocken.
Es begegneten uns im Laufe der nächsten Kilometer noch einige solcher Phänomene.
Am 26-Kilometer-Kontrollpunkt trafen wir auf zwei gut gelaunte ältere Herren. Nach ein paar freundlichen Worten verabschiedeten sie sich und liefen weiter. Wir folgten ihnen ein paar Minuten später mit der inneren Gewissheit, sie in ein paar Kilometern wieder zu sehen. Entsprechend hatten wir ein recht hohes Tempo. Nunja. Bei der nächsten Kontrolle haben wir sie noch einmal gesehen…von hinten! Sie haben noch einmal freundlich gewunken und waren weg. Wir haben uns zu einer kurzen Pause entschlossen und in dieser Zeit die ankommenden Läufer angesehen.
Wer bisher geglaubt hat, man sieht es den Leuten an, ob sie sportlich sind oder nicht, dem sei gesagt: Nein, man sieht es nicht! Am eindrucksvollsten war der Marlboromann. Also, nicht, dass er so ausgesehen hat, wie die feschen Cowboys aus der Werbung. Eher im Gegenteil. Aber er hat direkt nach einem Becher Wasser mindestens genauso lässig eine gepafft und ist in lockerem Tempo samt seiner grünen Umhängetasche weitergelaufen.
Wir sind kurz nach einem älteren Herrn losgelaufen, auf den wir tatsächlich nach ein paar Minuten aufholen konnten. Es ist ja nicht so, dass es beim Wandern darum geht, schneller zu sein oder erster zu werden. Aber es liegt irgendwie in der Natur des Menschen, den Vorläufer überholen zu wollen. Gewollt hätten Torsten und ich auch. Nur eben nicht gekonnt. Kaum sah uns der Mann, erhöhte er sein Tempo. Pah! Da konnten wir locker mithalten. Der Abstand wurde wieder kleiner. Und dann passierte es: er joggte los! Wir haben die Zähne zusammen gebissen und gehofft, bei der nächsten Steigung wieder aufholen zu können. So war es dann auch. Die nächsten Kilometer liefen wir in einem Abstand von wenigen Metern hintereinander her. Überholen war undenkbar. Er hat sich einfach unserem Lauftempo angepasst und wir sind hinterher gehechtet. Nach dieser Etappe sass ich den Tränen nahe auf der Bank bei der Kontrollstation. Unfassbar! Wir waren so schnell wie nie zuvor und wurden von Leuten abgehängt, die aussahen, als könnten sie kaum einen Einkaufswagen durch den Lidl schieben geschweige denn eine schwere Tüte tragen.
Die nächsten Etappen habe ich mir intensiv Gedanken über Kondition und Ausdauer gemacht. Vielleicht ist ja doch etwas dran, dass 30 Jahre Lauferfahrung etwas ausmachen?

Körperlich noch recht fit, aber moralisch am Boden habe ich mich durchs Ziel geschleppt.
Wir sind einen guten Schnitt gelaufen, ohne Frage. Aber mein persönliches Fazit aus dem Lauf ist, dass wir noch ganz am Anfang stehen und eine Hightechausrüstung bestimmt unheimlich toll ist, aber Erfahrung einfach mehr zählt.
Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich mehr Blasen an einem Fuss habe als alle anderen Läufer zusammen…

2 Kommentare:

Nikki Heil hat gesagt…

Ihr seid ja auch wirklich nicht ganz dicht - aber gut, ich komme dadurch an ein gemütliches Strohwitwen-Wochenende mit vier Hunden und Open Air Kino! Danke schön, oder wie die Sch'tis sagen würden: Danke sööööön, häh?!?!?
:-))

Anonym hat gesagt…

Liebes Kind,
Du schafft es.
Deine Mama